Die Veröffentlichung von Mitarbeitern ist für Arbeitgeber stets eine heikle Angelegenheit. Im Zuge von Marketingstrategien sowie Image- und Werbezwecken tendieren Unternehmen dazu, durch Porträts unterschiedlicher Ethnien ein möglichst diverses Bild abzugeben und ein internationales, multikulturelles Klima zu erzeugen. Dem Arbeitsgericht Münster lag ein Fall vor, in dem ein Arbeitgeber, ohne erforderliche Einwilligung und ohne Aufklärung über das Widerrufsrecht, ein Foto von der Klägerin veröffentlichte. Dabei standen die Ethnie und Hautfarbe der Arbeitnehmerin im Vordergrund. Dies hatte nicht nur datenschutzrechtliche Konsequenzen zufolge, sondern bedeutet auch einen Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz und wurde sogar als Fall von Diskriminierung nach dem AGG eingestuft.
Das Arbeitsgericht Münster sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v € 5.000 zu.
Das Wichtigste in Kürze:
- Mitarbeiterfotos sind rechtlich als personenbezogene Daten zu qualifizieren.
- Die Einholung einer schriftlichen oder elektronischen Einwilligungserklärung sowie die Aufklärung über den Verwendungszweck und das bestehende Widerrufsrecht sind verpflichtend.
- Werden Mitarbeiterfotos entgegen dieser Vorgaben veröffentlicht, können Mitarbeitern Schadensersatzansprüche aus Art. 82 DSGVO gegen Arbeitgeber zustehen.
- Arbeitsgerichte orientieren sich zur Bezifferung immaterieller Schäden im Rahmen des Art. 82 DSGVO oft am Bruttolohn und urteilen daher regelmäßig höhere Summen aus als die ordentlichen Gerichte.
Hintergrund des Urteils
Dem Urteil des Arbeitsgerichts Münster liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine bei einer Hochschule beschäftigte Frau dunkler Hautfarbe betreute das Programm für Postdoktoranden und Postdoktorandinnen. Auf Initiative des universitären Marketingbereichs, wurden Bildnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgenommen, wobei sich auch die Klägerin beteiligte.
Gespräche über eine mögliche Verwendung ließ sie jedoch offen. Die schriftliche Einwilligungserklärung, die ihr vorgelegt wurde, unterzeichnete sie nicht. Sie bemerkte am Rand lediglich „nicht für mein Aussehen“. Der Arbeitgeber war der Überzeugung, dass die Mitarbeiterin ihr mündliches Einverständnis zur Verwendung der Bildnisse gegeben habe. Überdies sei ihr mitgeteilt worden, dass sie der Verwendungen der Fotos nur ganz oder gar nicht zustimmen könne. Letztlich wurde das Bildnis 2019 auf einer Werbebroschüre abgedruckt und zeigte die Klägerin beim Unterrichten. Nach Kenntnisnahme der Veröffentlichung erklärte die Klägerin, sie sei mit der Verwendung ihrer Bilder in dem Kontext, auf Internationalität und Diversität der Hochschule aufmerksam zu machen, nicht einverstanden und klagte schließlich vor dem ArbG Münster.
Datenschutzrechtliche Erfordernisse bei Fotoveröffentlichung
Bei Foto- oder Videoaufnahmen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmenskontext handelt es sich nach herrschender Meinung auch um personenbezogene Daten i.S.d Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Arbeitgeber sollten daher Mitarbeiterfotos nur unter Einhaltung der strengeren datenschutzrechtlichen Voraussetzungen veröffentlichen. Auch hier gilt gemäß Art. 6 DSGVO ein Erlaubnisvorbehalt. Gemäß § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG ist vor der Verarbeitung von personenbezogenen Daten eine schriftliche Einwilligung einzuholen.
Das ist nicht erforderlich, wenn das berechtigte Interesse des Arbeitgebers überwiegt; Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO. Dies beurteilt sich nach § 23 KUG. Das KUG stellt für die Einwilligung keine Formerfordernisse auf. Jedoch ist § 22 KUG nach ständiger Rechtsprechung verfassungskonform auszulegen. So hat das BVerfG die Pflicht der Gerichte bestätigt, zu prüfen, ob im Sinne einer Abwägung der betroffenen Belange, zwischen dem Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, eine Erlaubnis des Arbeitnehmers erforderlich ist.
Wegen der Bedeutung des Rechts der Arbeitnehmer, im Arbeitsverhältnis das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, führt eine solche Abwägung nach dem Bundesarbeitsgericht dazu, dass auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf. Keine schriftliche Einwilligung ist bspw. nötig, wenn Personen auf einem Foto nur als Beiwerk, also untergeordnet, erscheinen.
Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin muss ebenfalls die beschäftigte Person über den Zweck der Datenverarbeitung und den Kontext der Bildveröffentlichung aufklären. Dies unterfällt der Informationspflicht des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin gem. Art. 13, 14 DSGVO. Ebenfalls müssen Betroffene über ihr Widerrufsrecht nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO in Textform in Kenntnis gesetzt werden.
Klage vor dem Arbeitsgericht Münster
Nach Auffassung des Gerichts verstieß der Arbeitgeber gegen zweierlei: Zunächst handelt es sich bei der Veröffentlichung des Bildes der Klägerin ohne Einwilligungserklärung und Aufklärung über das Widerrufsrecht oder den Verwendungszweck um einen datenschutzrechtlichen bzw. kunsturheberrechtlichen Verstoß. Zum einen begründet schon das Fehlen der nach § 26 Abs. 2 Satz 3 BDSG festgeschrieben schriftlichen Einwilligung sowie der Aufklärung über das Widerspruchsrecht und des Verwendungszwecks einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO.
Sodann geht es bei der Verwendungsart des Bildes um eine auf ihre Hautfarbe bezogene, diskriminierende Darstellung, die nach dem AGG einen monetären Entschädigungsanspruch nach sich zieht. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Arbeitgeber mit dem Foto zeigen wollte, dass an der Hochschule Menschen aus vielen Ländern unterrichten, um dadurch für die Internationalität der Bildungseinrichtung zu werben. Für dieses Bild verwendete er das Foto der Mitarbeiterin als zentralen Aussagegehalt aufgrund ihrer Ethnie. Dieses wurde gerade aufgrund ihrer Hautfarbe gewählt. Der Arbeitgeber verstieß in diesem Zuge gegen § 7 Abs. 1 AGG. Das Gericht sprach der Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 AGG zu. Nach dem allgemeinen Gleichstellungsgesetz muss sich niemand wegen seiner Hautfarbe benachteiligen lassen. Hierzu kann durchaus auch gehören, dass man es nicht dulden muss, ungefragt und auf Grund der eigenen Ethnie, zu Werbezwecken auf Informationsbroschüren abgebildet zu werden.
In Frage stand ebenfalls, ob § 22 KUG nicht eine Ausnahme von der Einwilligungserklärung erlaubt. Im Arbeitsverhältnis ist allerdings § 22 KUG dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass die Einwilligung der Schriftform bedarf. Sofern eine Person nur als „Beiwerk“ abgebildet ist, ist eine schriftliche Einwilligung nach § 23 KUG nicht erforderlich ist. Die Klägerin ist jedoch nicht untergeordnet auf dem Bild zu sehen.
Bemessung des Schmerzensgelds aus Art. 82 DSGVO
Die Klägerin hätte also nach § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG eine schriftliche Einwilligung abgeben und zuvor in Textform über den Datenverarbeitungszweck und ihr Widerrufsrecht aufgeklärt werden müssen.
Fraglich ist, wie der vom Arbeitsgericht Münster ausgeurteilte Betrag in Höhe von € 5.000 zustande kam. Wie hoch sich der Schadensersatzanspruch beziffert, ist in der Literatur und Rechtsprechung nämlich nach wie vor höchst umstritten, ein klärendes höchstrichterliches Urteil liegt diesbezüglich noch nicht vor. Es ist allerdings der „Trend“ zu erkennen, dass Arbeitsgerichte verhältnismäßig hohe Schadenersatzansprüche zuerkennen. Der bezifferte Schmerzensgeldanspruch, der vorliegend durchaus als hoch angesehen werden darf, orientiert sich nämlich am Bruttomonatsgehalt der Klägerin in Höhe von 5.009,04 €. Das Arbeitsgericht Münster hielt hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes „ein Gehalt für ausreichend“.
Zunächst gilt festzuhalten, dass die festgesetzte Summe über den „Preisen“ liegt, die bei vergleichbaren Verstößen von (Arbeits-)Gerichten bestimmt werden. So hatte das ArbG Lübeck (Beschluss vom 20.06.2019, Az.:1 Ca 538/19) entschieden, dass bei Veröffentlichung eines Mitarbeiterfotos durch den Arbeitgeber auf der Facebook-Seite des Unternehmens ohne Einwilligung des Arbeitnehmers aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO ein Anspruch auf Schadensersatz von bis zu 1.000,00 Euro bestehen kann.
Bislang haben ordentliche Gerichte bei der Beurteilung möglicher Schadensersatzansprüchen nach Art. 82 DSGVO in der Rechtsprechungspraxis eine gewisse Zurückhaltung an den Tag gelegt. Hervorzuheben ist, dass Arbeitsgerichte in der Vergangenheit eher dazu bereit waren, Anspruchstellern wegen der Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte höhere Entschädigungen zuzubilligen.
Das ArbG Düsseldorf in etwa traf im März 2020 eine der ersten Entscheidungen, die sich mit Art. 82 DSGVO im Zusammenhang mit unzulänglichen Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO befassten und gestand dem Kläger ebenfalls einen Schadensersatzanspruch iHv € 5.000 zu. Dieses ging von einem niedrigen Maßstab für einen immateriellen Schadensersatzanspruch und einem weiten Schadensbegriff aus. Im Sinne des europäischen Effektivitätsgrundsatzes setze ein wirksamer Anspruch auf Schadenersatz voraus, dass dieser abschreckend wirke. Andere Gerichte verlangten bisher einen konkreten, spürbaren immateriellen Schaden. Ordentliche Gerichte setzen daher oftmals das Überschreiten einer gewissen Bagatellgrenze voraus.
Das ArbG Münster selbst sieht in seiner Urteilsbegründung davon ab, die Festsetzung der Höhe näher zu begründen. Gem. Art. 82 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen. Das rechtfertige die hohe Entschädigung, die in dieser Höhe sonst eher bei Nacktaufnahmen zugesprochen wird.
Ausblick
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist hinsichtlich der Bemessung des Schadensersatzes bemerkenswert und verdeutlich erneut, wie es um die Konsequenzen einer nicht eingeholten Einwilligung und dem Fehlen der Aufklärung über Widerrufsrecht und Bildverarbeitungsgrund steht. Sollten sich Gerichte künftig an dieser Rechtsprechung orientieren, so dürften auf Unternehmen, bei entsprechenden Zuwiderhandlungen gegen die DSGVO und das KUG, erhebliche Schadensersatzforderungen zukommen.
Das betrifft auch die schwierige Frage, nach welchen Kriterien die Höhe eines Schadensersatzes zu bemessen ist und ob Art. 82 DSGVO eine Bagatellgrenze kennt. Eine solche wird derzeit vor allem von den ordentlichen Gerichten angenommen. Sie sollten daher stets die rechtskonforme Einwilligung ihrer Beschäftigten einholen, wenn Sie Fotografien Ihrer Mitarbeiter zu Werbezwecken verwenden möchten. Insbesondere innerhalb des Arbeitsverhältnisses ist § 26 Abs. 2 S. 3 BDSG zu beachten.
Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses ist entsprechend § 26 Abs. 1 BDSG auch ohne Einwilligung zulässig, wenn dies für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist oder der Arbeitgeber ein überwiegendes berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO nachweisen kann. So gibt es Sonderfälle, wie etwa die Verwendung eines Mitarbeiterfotos für den notwendigen Betriebsausweis, bei denen die Verwendung auch ohne Einwilligung gerechtfertigt ist. Die Verarbeitung von Mitarbeiterfotos ist aus datenschutzrechtlicher sicht jedoch stets heikel. Besprechen Sie die Angelegenheiten bei Zweifeln stets vorher mit Ihrem Datenschutzbeauftragten oder einer anderen Fachkundigen Person, um unnötige Haftungsrisiken zu vermeiden.