Seit seiner Markteinführung im Jahr 2016 hat sich der Kurzvideodienst TikTok zu einer gerade beim jüngeren Publikum weltweit beliebten App entwickelt. Dabei handelt es sich um eine zu dem chinesischen Technologiekonzern ByteDance gehörende Social-Media-Plattform. Zentrales Element sind kurze, mit dem Smartphone gedrehte Videos, die von den Nutzern mit Musik und verschiedenen Filtern unterlegt werden können. Die App hat Schätzungen zufolge rund 1,8 Milliarden Nutzer (Ende 2022), davon mittlerweile über 150 Millionen Nutzer in Europa. Doch auch wenn sich die Social-Media-Plattform größter Beliebtheit erfreut, hat sie viele Kritiker und ist aus mehreren Gründen in der Diskussion. Insbesondere wird den App-Betreibern seit Längerem mangelnder Jugendschutz und unzureichende Datensicherheit vorgeworfen. Aus Sicherheitsgründen ergreifen daher immer mehr Staaten und Institutionen Maßnahmen, um die Nutzung der Kurzvideo-Plattform zu unterbinden. So dürfen nun beispielsweise Beschäftigte der EU-Kommission und des EU-Parlaments seit Mitte März 2023 die TikTok-App auf ihrem Diensthandy weder installieren noch nutzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Beschäftigte der EU-Kommission dürfen die App TikTok nicht mehr auf Dienst- oder dienstlich genutzten Smartphones verwenden.
- Neben unzureichender Datensicherheit befürchtet die EU-Kommission umfassende Zugriffsmöglichkeiten seitens der chinesischen Regierung.
- Der BfDI äußerte ebenfalls Bedenken und empfahl allen Bundesbehörden und Bundesministerien, ein entsprechendes TikTok-Verbot für dienstlich genutzte Geräte zu veranlassen.
Bedenken im Hinblick auf die Datensicherheit seitens der EU-Kommission
Grund für die Untersagung der Installation und Nutzung der App ist neben der unzureichenden Datensicherheit die Befürchtung, dass die chinesische Regierung die App einsetzt bzw. missbraucht, um an sensible Daten von Millionen von Nutzern zu gelangen und Desinformationen im Ausland verbreiten zu können. Konkret sollen Millionen von Nutzern nur bestimmte Inhalte angezeigt werden, mit dem Ziel, die öffentliche Meinungsbildung oder Wahlergebnisse zu beeinflussen. Angesichts der Tatsache, dass Nachrichten unverschlüsselt übertragen werden und leicht mitgelesen werden können, scheint die Befürchtung nicht völlig abwegig zu sein.
Ferner sehen die chinesischen Gesetze vor, dass die landeseigenen Unternehmen und Organisationen zur Offenlegung der ihnen vorliegenden Informationen gegenüber den Geheimdiensten verpflichtet sind. Kritisch sei auch, dass die regierende Partei – die Kommunistische Partei Chinas – eine Beteiligung an dem Unternehmen ByteDance hat und somit unmittelbar auf konzerninterne Daten zugreifen kann. ByteDance beteuert allerdings regelmäßig, dass es eine solche Zugriffsmöglichkeit nicht gebe, da die chinesische Version der App von der internationalen getrennt betrieben werde.
Darüber hinaus hatten laut dem Unternehmen sowohl Beschäftigte in China als auch in den USA Zugriff auf Nutzerinformationen, ohne dass hierfür eine entsprechende Berechtigung vorlag. So konnten in der Vergangenheit beispielsweise amerikanische Journalisten ausspioniert werden. Konkret seien die IP-Adressen von Journalisten, die die TikTok-App nutzten, verarbeitet worden, um herauszufinden, ob sie sich am selben Ort aufhielten wie Mitarbeiter, die im Verdacht standen, interne Informationen weiterzugeben. Aus diesen Gründen hat die EU-Kommission für ihre Mitarbeiter ein TikTok-Verbot verhängt, das sowohl für dienstliche als auch dienstlich genutzte private Smartphones gilt. Wer der Aufforderung nicht nachgekommen ist, sollte seit Mitte März von sämtlichen Angeboten wie dem internen E-Mail-Dienst der EU-Kommission ausgeschlossen werden.
Schutz vor IT-Sicherheitsbedrohungen
Ziel der Untersagung sei es, die EU-Kommission vor Cybersicherheitsbedrohungen und Cybermaßnahmen zu schützen. Dabei betonte die Kommission in der Pressemitteilung vom 23. Februar 2023, dass nur solche Geräte vom Verbot betroffen seien, die eine Verbindung zum internen Netzwerk der Kommission aufbauen müssen. Das EU-Parlament folgte dem Beispiel und sprach ebenfalls ein solches Verbot aus. In Anbetracht der Tatsache, dass für die Beschäftigten der Kommission bereits entsprechende Empfehlungen existieren, aus denen hervorgeht, dass bei der Nutzung von Social-Media-Plattformen interne Richtlinien einzuhalten sind, stellt das Verbot keine große Überraschung dar.
BfDI: Deutsche Behörden sollten nachziehen
Moritz Körner, der innenpolitische Sprecher der FDP im EU-Parlament, unterstützte die Maßnahmen der EU-Kommission und sprach sich ebenfalls dafür aus, dass deutsche Behörden diesem Beispiel folgen und die chinesische App ebenfalls schnellstmöglich von allen Diensthandys verbannen sollten. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Ulrich Kelber äußerte ebenfalls Bedenken gegenüber TikTok. Bereits im Juni 2021 empfahl er allen Bundesbehörden und Bundesministerien – mit Ausnahme des Bundesgesundheitsministeriums -, die Video-App des chinesischen Anbieters nicht auf dienstlichen Geräten zu nutzen. Das Bundesgesundheitsministerium stellte bisher eine Ausnahme dar, da es seit März 2020 seinen TikTok-Kanal nutzte, um über den aktuellen Stand der Pandemie zu informieren. Dafür wurde das Konto von mehreren Smartphones betrieben, die nicht mit den Servern des Ministeriums verknüpft gewesen waren. Diese Ausnahme dürfte jedoch in Anbetracht der aktuellen Entwicklung der Pandemie mittlerweile nicht mehr gelten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat kürzlich ebenfalls auf die Risiken bei der Verwendung der App hingewiesen, die sich zum einen aus dem Umfang der gesammelten Daten und zum anderen aus der Einflussmöglichkeit staatlicher Stellen ergeben. Welche Gefahr tatsächlich von der Plattform ausgeht, wurde bereits vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik untersucht. Das Ergebnis wurde bisher allerdings noch nicht veröffentlicht.
Ausblick
Insbesondere während der Corona-Pandemie hat sich TikTok zu einer der weltweit beliebtesten Apps entwickelt. Allerdings besteht erhebliches Verbesserungspotenzial in mehrerlei Hinsicht. Vor allem, wenn es um die Sicherheit und den Datenschutz ihrer Nutzer geht. Trotz der erheblichen Defizite im Hinblick auf die Datensicherheit und den Datenschutz ist die Einführung eines deutschlandweiten Verbots vorerst unwahrscheinlich. Ein Verbot für Behörden und öffentliche Stellen ist allerdings nicht auszuschließen. Insbesondere, da ein solches Verbot für Regierungsbeschäftigte bereits von mehreren Mitgliedstaaten, darunter auch Belgien und Dänemark, bereits ausgesprochen wurde. Die USA arbeiten aktuell sogar an einem Gesetzesentwurf für ein landesweites TikTok-Verbot. Auch wenn in Deutschland noch kein Verbot ausgesprochen wurde, sollten Nutzer sich darüber im Klaren sein, dass die Verwendung der App nicht unbedenklich ist, vor allem da ausweislich der Datenschutzerklärung des Unternehmens personenbezogene Daten der Nutzer an solche Drittanbieter weitergeleitet werden, die TikTok bei der Bereitstellung ihrer Dienste unterstützen. Dabei handelt es sich um rund 4500 verschiedene Unternehmen, die Zugriff auf die Nutzerdaten erhalten.
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