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Einwilligung Eltern Veröffentlichung Kinderbilder

 
 
 

 

 

 


Bilder aus dem Urlaub, alltägliche Aufnahmen, Videos vom Schwimmbadbesuch oder bei der Einschulung – Kinder sind nicht selten Gegenstand zahlreicher, teilweise auch werbeeffektiver Inszenierungen oder Zurschaustellungen auf sozialen Medien wie Facebook, Instagram und Co. durch ihre Eltern. Die Veröffentlichung von Kinderbildern auf sozialen Netzwerken birgt jedoch folgenschwere Auswirkungen auf die Kindesentwicklung.

Oftmals sind sich Eltern über die Tragweite der Veröffentlichung von sensiblen Kinderfotos im Netz nicht bewusst. So stellen sich das ungewollte Zugänglichmachen für eine Vielzahl von Personen oder die Schwierigkeit des Löschens der Bilder aus dem Netz immer wieder als Problem dar. Dabei verdienen Kinder im Allgemeinen, aber auch im Bereich des Datenschutzes, besonderen Schutz. Das OLG Düsseldorf befasste sich im Juli 2021 mit der Frage, ob es der Einwilligung beider Elternteile hinsichtlich der Veröffentlichung von Kinderfotos bei geteiltem Sorgerecht bedarf.

 


Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Verwendung von Fotografien unterfällt dem Einwilligungserfordernis des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a) DSGVO.
    Die Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildern ist von den Eltern als „Träger elterlicher Verantwortung“ nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 DSGVO einzuholen, sofern das Kind das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

  • Sofern eine Entscheidung „von erheblicher Bedeutung“ für das Kind nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt, ist das gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich, sofern diese dauerhaft getrennt leben.

  • Nach § 22 KUG kann ebenfalls ein Zustimmungserfordernis des Kindes selbst vorliegen, wenn dieses im Einzelfall nach seinem Entwicklungsstand entscheidungsfähig ist.



Hintergrund der Entscheidung des Gerichts

Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf lag die Fragestellung zugrunde, ob die Zustimmung beider Elternteile bei der Veröffentlichung von Kinderbildern notwendig ist oder ob vielmehr lediglich die Einwilligung eines sorgeberechtigten Elternteils ausreicht.

Die in Rede stehenden Eheleute leben getrennt, sind jedoch beide sorgeberechtigt. Vorliegend betreibt die neue Lebensabschnittsgefährtin des Kindesvaters einen Friseursalon. Im Zuge von Werbe- und Marketingmaßnahmen nahm die Lebensgefährtin für ihr Friseurgewerbe Bilder von den Kindern auf und verbreitete diese auf ihrer Facebook- bzw. Instagram-Seite. Die Fotos bildeten die Töchter beim Haareschneiden ab. Der Vater stimmte dieser Veröffentlichung auch zu, die leibliche Mutter hingegen nicht.

Jegliche Aufforderungen seitens der leiblichen Mutter, das Veröffentlichen der Bilder zu unterlassen und bereits hochgeladene Bilder zu löschen, scheiterten. Die zuvor an die Lebensgefährtin zur Unterschrift versandte Unterlassungserklärung fand ebenfalls keine Beachtung. Ebenso lehnte es der leibliche Vater ab, das Anliegen seiner (noch) Ehefrau zu unterstützen. Vielmehr folgte die Veröffentlichung weiterer Aufnahmen der Kinder auf den Social-Media-Plattformen der Lebensgefährtin.



Einwilligungserfordernis bei Veröffentlichung von Kinderfotos

Insbesondere aufgrund des Trends, medienwirksam Kinderbilder auf einschlägigen sozialen Plattformen hochzuladen, der weltweiten Verbreitungsmöglichkeit in Sekundenschnelle und der Gefahren des ungefilterten Zugänglichmachens von Kinderbildern an eine breite Zuschauerschaft, sei hier auf datenschutzrechtliche Hindernisse und Problematiken hingewiesen.

Grundsätzlich unterfällt das Verwenden von Bildnissen dem Einwilligungserfordernis des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a) DSGVO. Hiernach ist die Verarbeitung von Fotos nur rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung abgegeben hat.

Gemäß. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 DSGVO sind Minderjährige nach Vollendung des 16. Lebensjahres einwilligungsfähig. Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 DSGVO ist eine etwaige Verarbeitung eines Bildes bei nicht vollendetem 16. Lebensjahr nur rechtmäßig, „sofern und soweit diese Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird“. Demnach unterliegt die Einwilligung der Bestimmung, dass der jeweils sorgeberechtigte Elternteil einwilligen muss.

Im vorliegenden Fall leben die Eltern dauerhaft getrennt, teilen sich aber das Sorgerecht. Nach der Rechtslage des deutschen Sorgerechts ist gerade in einer solchen Konstellation von Bedeutung, ob es sich um eine Angelegenheit des täglichen Lebens oder um eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung für das Kind handelt. Sofern sich das Geschehen als alltägliche Angelegenheit darstellt, dürfte gem. § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB die Entscheidung über die Veröffentlichung der Bilder dem Elternteil obliegen, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält. Sollte es sich jedoch um eine Entscheidung mit erheblicher Bedeutung handeln, muss nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB das gegenseitige Einvernehmen der Sorgeberechtigten, also beider Elternteile, eingeholt werden.

Es ist demnach zu prüfen, ob die Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB im Einzelfall überschritten wird und eine etwaige Veröffentlichung mit Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes einhergeht.

Überdies kann zusätzlich noch die Zustimmung des Kindes selbst erforderlich sein. Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit der Einwilligung des Abgebildeten veröffentlich werden. Bei Minderjährigen, die selbst also schon einwilligungsfähig sind, reicht die Einwilligung der Eltern also noch nicht aus. Vielmehr können einwilligungsfähige Kinder selbst einwilligen. Wann diese Einwilligungsfähigkeit vorliegt, sei angesichts der Umstände des Einzelfalls nach dem jeweiligen Entwicklungsstand des betroffenen Kindes zu entscheiden.



Verfahrenshergang und Entscheidung des Gerichts

Zunächst beantragte die Kindesmutter infolge der Weigerung ihres Noch-Ehemannes und dessen Lebensgefährtin, die Veröffentlichung von Bildern der Kinder zu unterlassen, eine einstweilige Anordnung vor dem AG Düsseldorf. Das AG hörte die Mutter an und übertrug dieser das alleinige Sorgerecht für den außergerichtlichen und gerichtlichen Streit mit der Lebensgefährtin. Den leiblichen Vater hörte das AG Düsseldorf dabei jedoch nicht an. Die Lebensgefährtin entfernte die Fotos auf den Beschluss des AG hin von ihren Auftritten in den sozialen Medien. Allerdings sah der Vater der beiden Töchter sein rechtliches Gehör verletzt und zog mit einer Beschwerde vor das OLG Düsseldorf. Nach seinem Vortrag zeigen die Kinderfotos seiner Auffassung entsprechend eine alltägliche Normalität, die seine Kinder in keiner Weise in deren Persönlichkeit verletzen würden und folglich seine Einwilligung genügen lassen.

Letztlich sprach sich das OLG Düsseldorf für das Kindeswohl und somit für ein Zustimmungserfordernis beider Elterneile aus. Die Richter bewerteten die Veröffentlichung der in Rede stehenden Kinderbilder als höchst sensibel, sodass sie die Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB letztlich als überschritten sahen. Das Gericht führte aus, dass das öffentliche Teilen der Bilder in sozialen Medien schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes habe. Das ergebe sich bereits aus der Tragweite der Verbreitung von Fotos in digitalen sozialen Medien unter Berücksichtigung der hiervon betroffenen Privatsphäre der Kinder und des gebotenen Schutzes ihrer Persönlichkeit. Der Personenkreis, dem die Fotos auf diese Weise zugänglich gemacht werden, sei unbegrenzt. Ihre Weiterverbreitung sei kaum kontrollierbar. Eine verlässliche Löschung der Bilder sei nicht möglich.

Weiterhin ist das Gericht der Ansicht, dass Kinder mit den Abbildungen aus ihrer Kindheitszeit potentiell für immer seitens eines unbeschränkten Personenkreises konfrontiert bleiben.

Insofern sei die Veröffentlichung der Bilder im Internet als „Entscheidung von erheblicher Bedeutung für das Kind“ im Sinne des § 1628 BGB einzustufen. Für eine solche Entscheidung reicht also lediglich die Zustimmung eines Elternteils, vorliegend die des Kindesvaters, nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus. Das beidseitige Einvernehmen beider Elterneile ist erforderlich.

Überdies ist die Fotoveröffentlichung auch aufgrund von § 22 Satz 3 und Satz 4 KUG unzulässig, da es für eine solche Maßnahme der Einwilligung beider Elternteile mangels Einwilligungsfähigkeit des Kindes bedarf.

Den Einwand des Vaters, dass seine von ihm getrenntlebende Ehefrau sowie die Großmutter der Kinder ebenfalls ohne seine Einwilligung Fotos von den Kindern ins Internet gestellt hatten, ließ das AG Düsseldorf nicht gelten. Für das vorliegende Verfahren sei allein die konkrete Angelegenheit und die jeweilige konkrete rechtswidrige Bildverarbeitung entscheidend. Deren Gegenstand ist ausschließlich die Verbreitung von Bildern der Kinder durch die Lebensgefährtin des Vaters und die daraus resultierende Auseinandersetzung. Aus dem Vorverhalten kann keine allgemeingültige Einwilligung für zukünftige Veröffentlichungen hergeleitet werden.

Den Beschwerdewert hatte das Gericht auf 2.000 Euro festgesetzt.

 

Ausblick

Kinder sind in besonderem Maße schützenswert. Digitale Bedrohungen des 21. Jahrhunderts, wie etwa die Nutzung von sozialen Netzwerken, der Verbreitungsmöglichkeit sensibler Bilder an einen unbegrenzten Personenkreis seitens der Eltern sowie einer späteren Konfrontationsmöglichkeit mit unliebsamen Bildern, bleiben vielfach ignoriert und unberücksichtigt. Jedoch ist hier ebenfalls Vorsicht geboten, denn „dem Kindeswohl entspricht ein Umgang mit der Verbreitung von Kinderbildern in digitalen sozialen Medien, der die insoweit einschlägigen – vornehmlich den Schutz der Persönlichkeit des Kindes bezweckenden – gesetzlichen Einwilligungserfordernisse respektiert.“

Liegt keine Einwilligung beider Elternteile vor, ist die Veröffentlichung der Fotos rechtswidrig. Das Kind oder auch das Elternteil, das nicht in die Veröffentlichung eingewilligt habe, könne dann die Löschung der Fotos sowie die zukünftige Unterlassung derartiger Veröffentlichungen gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG verlangen.

Verwenden Sie also Bilder von Kindern zu Werbe- und Marketingzwecken, sollten Sie stets alle erforderlichen Einwilligungen der beteiligten Personen einholen. Auch bei  der Inszenierung der Fotografien sind das Kindeswohl und die potentielle Auswirkung der Veröffentlichung des konkreten Motivs für die Entwicklung des Kindes stets im Auge zu behalten.

 

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