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Corona Tests durch Arbeitgeber

 
 
 

 

Corona-Tests durch den Arbeitgeber: Datenschutzrechtliche und arbeitsrechtliche Perspektive

 

Auch bei der derzeitigen Entwicklung der Corona-Pandemie bleiben Arbeitgeber nach den Ergebnissen des Bund-Länder-Gipfels vom 22.03.2021 von einer Pflicht zum Anbieten von Corona-Tests in ihren Unternehmen verschont. Zuvor wurde darüber diskutiert, ob die Betriebe verpflichtet werden sollten, ihren Beschäftigten, die nach wie vor in Präsenz statt vom Homeoffice aus tätig werden, regelmäßige Testangebote zu machen. Stattdessen wird nun weiter auf die Selbstverpflichtung der Spitzenverbände der Wirtschaft gesetzt: Diese appellieren an die Unternehmen, ihren Beschäftigten Selbsttests und, wenn möglich, PoC-Antigen-Schnelltests anzubieten. Während die Schnelltests von den Mitarbeitern selbst angewendet werden, müssen PoC-Antigen-Schnelltests von medizinisch oder geeignet geschultem Personal durchgeführt werden. Die Kosten der Tests tragen jeweils die Arbeitgeber. Ob die aufgrund der Selbstverpflichtung freiwillig durchgeführten Maßnahmen ausreichen, soll Anfang April überprüft werden und sodann gegebenenfalls die Arbeitsschutzverordnung angepasst werden.

Einzelne Bundesländer sehen in diesem Rahmen schon weitergehende Verpflichtungen vor: In Sachsen sind Arbeitgeber bspw. bereits aufgrund der dort geltenden Corona-Schutz-Verordnung angewiesen, ihren Beschäftigten einmal pro Woche einen kostenfreien Selbsttest anzubieten, unter dem Vorbehalt hinreichender Verfügbarkeit der Tests.

Gleich, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist oder freiwillig handelt – in Hinblick auf Corona-Tests am Arbeitsplatz stellt sich zunächst die Frage, ob der Arbeitgeber seinerseits den Arbeitnehmer verpflichten kann, sich testen zu lassen bzw. selbst einen Test durchzuführen. Bei Durchführung der Tests resultieren hieraus weitere datenschutzrechtliche Fragestellungen, die ebenfalls im Folgenden näher beleuchtet werden sollen.

 

Darf der Arbeitgeber verpflichtende Corona-Tests anordnen?

Die grundsätzliche Möglichkeit des Arbeitsgebers, die Durchführung eines Corona-Tests für seine Arbeitnehmer anzuordnen, ergibt sich aus seinem Weisungsrecht nach § 106 GewO. Nach dieser Vorschrift darf der Arbeitgeber die Art der Arbeitsleistung nach „billigem Ermessen“ näher bestimmen, was eine Interessenabwägung voraussetzt. Der Arbeitgeber kann sich als Grundlage für die Weisung hierbei zunächst auf seine Pflicht berufen, während der Corona-Pandemie die erforderlichen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz in seinem Betrieb zu treffen, § 618 I BGB, §§ 3, 9 II, III ArbSchG. Auch insoweit müsste eine Verpflichtung der Arbeitnehmer zu einem Selbst- oder Schnell-Test aber verhältnismäßig sein. Voranzustellen ist insofern, dass Selbst- und Schnelltests jedenfalls einen geeigneten Weg darstellen, um eine Corona-Infektion aufzudecken. Anders zu beurteilen kann die Geeignetheit der Maßnahme bspw. bei Temperaturmessungen am Betriebseingang sein, denn es ist nicht nachgewiesen, dass Fieber ein sicherer Indikator für eine Corona-Infektion ist.

Auf Seiten des Arbeitgebers besteht sodann ein allgemeines Interesse am betrieblichen Gesundheitsschutz sowie ein Interesse an der Verhinderung von infektionsbedingten Betriebsschließungen und einem störungsfreien Arbeitsablauf. Auf Seiten der Arbeitnehmer sind das Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie sein Persönlichkeitsrecht in die Abwägung einzustellen. Jedoch wird man wohl nur einen leichten Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers annehmen können, denn dieser erschöpft sich in einem unangenehmen Gefühl bei Durchführung des Tests ohne weitere Folgen und ist zudem zeitlich stark begrenzt. Vor diesem Hintergrund werden vor allem bei vermehrten Infektionsfällen im Betrieb die vorgenannten Arbeitgeberinteressen überwiegen. Auch ohne auffälliges Infektionsgeschehen im Betrieb kann dies in Hinblick auf die Testung einzelner Arbeitnehmer der Fall sein, wenn diese Krankheitssymptome aufweisen, denn dann haben sie aufgrund Nr. 4.2.11 der SARS-CoV-Arbeitsschutzregel dem Arbeitsplatz fernzubleiben. Im Übrigen kann auch regelmäßig dann von einem Überwiegen der Arbeitgeberinteressen ausgegangen werden, wenn es sich um Arbeitsplätze mit engem Personenkontakt handelt, etwa bei pflegerischen oder anderen körpernahen Dienstleistungen. Zur Anordnung völlig verdachtsunabhängiger, anlassloser Tests ist der Arbeitgeber hingegen nicht berechtigt.

Ein weiterer Gesichtspunkt, der in diesem Kontext insbesondere mit einer zunehmenden Impfquote auch in jüngeren Gesellschaftsgruppen relevant werden kann, ist, dass der Impfschutz dem Verlangen des Arbeitgebers nach einem Schnelltest nicht entgegengehalten werden kann, da noch keine fundierten Erkenntnisse darüber bestehen, inwieweit geimpfte Personen weiter infektiös bleiben.

Hat der Arbeitgeber nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen rechtmäßig einen Corona-Test angeordnet, so bietet ein Arbeitnehmer, der den Test verweigert und somit auch kein negatives Testergebnis vorweisen kann, seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. Der Arbeitgeber muss dieses Arbeitsangebot folglich nicht annehmen und kann dem Arbeitnehmer stattdessen auch den Zutritt zum Betrieb verwehren. Der Arbeitgeber gerät hierdurch nicht in Annahmeverzug i.S.v. § 615 S. 1 BGB, sondern es entfällt vielmehr der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers.

 

Beschäftigtendatenschutz bei Durchführung von Corona-Tests durch den Arbeitgeber

Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung

 

Werden in einem Unternehmen nun arbeitgeberseitig angeordnete Corona-Tests durchgeführt, so müssen hierbei die datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden.

Generell erfolgt die Verarbeitung von Beschäftigtendaten auf Grundlage der § 26 I BDSG sowie Art. 6 I f) DS-GVO. Da es sich bei den im Zusammenhang mit dem Test erhobenen Daten – insbesondere den Testergebnissen – jedoch um Gesundheitsdaten handelt, ist Art. 9 I DS-GVO heranzuziehen. Gesundheitsdaten stellen eine besondere Kategorie personenbezogener Daten dar, die vom Gesetzgeber als besonders schützenswert erachtet wird. Aus diesem Grund ist die Verarbeitung dieser Daten grundsätzlich untersagt. Ausnahmsweise ist die Verarbeitung in den engen Grenzen des Art. 9 II DS-GVO möglich.

Im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen kommt als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten Art. 9 II b) DS-GVO i.V.m. § 26 III BDSG in Betracht: Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist hiernach zulässig, wenn sie zur Erfüllung rechtlicher Pflichten des Arbeitsgebers aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an dem Ausschluss der Verarbeitung überwiegt. Die „rechtliche Pflicht des Arbeitgebers“ aus dem Arbeitsrecht stellt hier die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern aus § 618 I BGB dar. Daneben greift die Verpflichtung des Arbeitgebers nach §§ 3, 9 II, III ArbSchG, Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz so weit wie möglich auszuschließen. Diese Pflichten wurden bereits in Hinblick auf die Frage, ob der Arbeitgeber Corona-Tests überhaupt anordnen darf, bedeutsam, und spielen nun auch hier als Teil des Rechtsgrunds der Datenverarbeitung eine Rolle.

Neben § 26 III BDSG ist auch nach §§ 24 II, 22 I Nr. 1 b) BDSG die Verarbeitung der vorgenannten Daten zum Zweck der Gesundheitsvorsorge und für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten zulässig. Dies gilt jedoch nur, wenn die Daten durch ärztliches Personal oder durch sonstige Personen, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen, verarbeitet werden. Bei einem von einem Betriebsarzt durchgeführten Corona-Test wäre diese Voraussetzung erfüllt.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Corona-Tests kann des Weiteren auf der Rechtsgrundlage des Art. 9 II i) DS-GVO i.V.m. § 22 I Nr. 1 c) BDSG erfolgen, der die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren erlaubt. Hiervon wird auch der Schutz vor sich weltweit verbreitenden Pandemien umfasst, denn durch diese wird der Bereich der öffentlichen Gesundheit zweifelsohne betroffen.

Auch im Rahmen besonderer personenbezogener Daten kann die Datenverarbeitung grundsätzlich aufgrund einer Einwilligung der betroffenen Person rechtmäßig sein, die hier jedoch – anders als im Rahmen von Art. 6 I S. 1 a) DS-GVO – nicht konkludent abgegeben werden kann. Ausschließlich auf eine Einwilligung sollte die Verarbeitung von Daten bei der Durchführung von Corona-Tests jedoch besser nicht gestützt werden. Denn zu beachten ist stets, dass eine solche Einwilligung frei und informiert zu erfolgen hat. Insbesondere die Freiwilligkeit einer Einwilligung des Arbeitnehmers könnte aber aufgrund des bestehenden Abhängigkeitsverhältnisses zum Arbeitgeber zweifelhaft sein. Beim Verweigern der Einwilligung müsste der Arbeitnehmer hier befürchten, dass er den Zugang zu seinem Arbeitsplatz verwehrt bekommt und infolgedessen finanzielle Nachteile erleidet.

An möglichen Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung anlässlich der Durchführung von Corona-Tests fehlt es also grundsätzlich nicht.

 

Weiterer Umgang mit den Daten

 

Führt ein Betriebsarzt oder ein anderer Angehöriger einer Gruppe der Heilberufe einen PoC-Antigen-Schnelltest durch, so hat er ein positives Testergebnis nach § 8 I i.V.m. § 9 IfSG an das jeweils zuständige Gesundheitsamt zu melden. Auch wenn grundsätzlich eine Schweigepflicht des Betriebsarztes besteht, tritt aufgrund der Gefährdungslage für die Gesundheit der anderen Arbeitnehmer und Kunden durch einen mit Corona infizierten Arbeitnehmer dessen Recht auf Vertraulichkeit der Informationen zurück. Ein Betriebsarzt ist daher berechtigt, (neben dem Gesundheitsamt) auch dem Arbeitgeber ein positives Testergebnis mitzuteilen.

Bei einem Selbsttest bestehen hingegen keine Meldepflichten gegenüber dem Gesundheitsamt. Der Arbeitnehmer, der den Test selbst vornimmt, ist jedoch aufgrund seiner nebenvertraglichen Rücksichtnahmepflichten und der Treuepflicht aus § 242 BGB verpflichtet, dem Arbeitgeber ein positives Testergebnis zu melden.

Den Arbeitgeber trifft indes keine Meldepflicht gegenüber dem Gesundheitsamt; im Umkehrschluss ist eine unaufgeforderte Weitergabe der erhobenen Daten an dieses nicht vorzunehmen.

Anders stellt sich die Situation lediglich dar, wenn das Gesundheitsamt eine Offenlegung nach § 16 I, II S. 3 IfSG anordnet.

Die betroffenen Beschäftigten sind spätestens zum Zeitpunkt der Datenerhebung über die Verarbeitung ihrer Daten zu informieren, Art. 13 DS-GVO. Die Information muss sich hierbei unter anderem auf die Rechtsgrundlagen der Verarbeitung, die Verarbeitungszwecke, die Speicherdauer, die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen sowie etwaige Empfänger bei Weitergabe der Daten beziehen.

Darüber hinaus muss der Arbeitgeber sorgsam überlegen, wie er betriebsintern mit den gewonnenen Informationen über den positiv getesteten Arbeitnehmer umgeht – er darf diese sensiblen Daten bspw. nicht ohne weiteres an die Belegschaft weitergeben, denn dies würde nach der Erhebung der Gesundheitsdaten eine weitere Datenverarbeitung darstellen, die nicht mehr durch die vorgenannten Rechtsgrundlagen gedeckt ist. Im Einzelfall kann sich eine andere Beurteilung ergeben, wenn der positiv getestete Arbeitnehmer die Tage zuvor am Arbeitsplatz zugegen und war und dort gegebenenfalls andere Personen angesteckt haben könnte. Eine Informationspflicht des Arbeitgebers ergibt sich dann aus seiner bereits angesprochenen Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten. Um die in Betracht kommenden Personen zu warnen, kann eine Offenlegung des positiven Testergebnisses und unter Umständen – zu Identifizierungszwecken, jedoch nur, wenn dies ausnahmsweise erforderlich ist, um entsprechende Vorsorgemaßnahmen ergreifen zu können – auch des Namens des betreffenden Arbeitnehmers ihnen gegenüber notwendig sein. Der Schutz der Kontaktpersonen kann insoweit das Geheimhaltungsinteresse des betreffenden Arbeitnehmers überwiegen.

Zuletzt ist einem testenden Arbeitgeber dringend zu empfehlen, den allgemein bei der Datenverarbeitung zu beachtenden Grundprinzipen Rechnung zu tragen; besonders hervorgehoben seien hier der Zweckbindungsgrundsatz aus Art. 5 I b) DS-GVO, der Grundsatz der Datensparsamkeit bzw. Datenminimierung aus Art. 5 I c) DS-GVO sowie der Grundsatz der Speicherbegrenzung aus Art. 5 I e) DS-GVO. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich nur so viele Daten wie nötig erhoben werden dürfen und diese auch nur so lange gespeichert werden sollten, wie sie zur Zweckerreichung erforderlich sind. Dies dürfte in Hinblick auf die Testergebnisse selbst bereits unmittelbar nach Weiterleitung durch das testende Personal an die zuständigen Stellen der Fall sein.

 

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