Nachdem seit Dezember 2020 nun bereits der 3. Impfstoff gegen die Sars- Covid 19 Infektion (Corona) in der EU zugelassen wurde, stellen sich insbesondere, aber keineswegs nur in sensiblen Bereichen wie Krankenhäusern, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie für den Bereich der sog. „körpernahen“ Dienstleistungen wie Friseure, Beautysalons etc. Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Frage, ob von der Arbeitgeber eine Impfung verlangen kann (Impfpflicht) und hiervon möglicherweise sogar den Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig machen kann.
Nach derzeitiger Gesetzeslage scheint dies gegenwärtig schwierig zu sein, da eine entsprechende Verpflichtung eines Arbeitnehmers nicht auf Grund eines Gesetzes derzeit nicht besteht. Dies gilt auch für solche Berufsgruppen, die in § 3 der seit dem 15.12.2020 geltenden Corona-Impfverordnung (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/Verordnungen/CoronaImpfV_-_De_Buette.pdf) als priorisiert bezeichnet werden.
Denkbar wäre auch, dass eine Impfpflicht z.B. aus Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag folgt. Gerade im letzteren Falle könnten Arbeitgeber die Aufnahme einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Verpflichtung in Erwägung ziehen.
Hierzu würde es aber im Grundsatz der Zustimmung des Arbeitnehmers bedürfen. Bei der Überlegung, eine entsprechende Verpflichtung arbeitsvertraglich zu etablieren, darf jedoch nicht übersehen werden, dass eine Klauselkontrolle gerichtlich erfolgen kann; Gleiches gilt auch dann, wenn in einem relativ jungen Arbeitsverhältnis bereits einer entsprechenden Impfverpflichtung zugestimmt wurde, daher der Arbeitsvertrag bereits abgeschlossen wurde, und hierin eine Impfpflicht Rechtsprechung existiert hierzu bislang nicht.
Impfnachweis
Weiter ist die Frage nach der Kontrolle bzw. dem Impfnachweis relevant. Ein solcher Nachweis könnte allenfalls in Form der Präsentation eines Impfnachweises oder eines Impfpasses erbracht werden. Solange allerdings eine gesetzliche Impflicht nicht besteht, könnten sich ernstzunehmende Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes ergeben. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei auf den Umstand zu richten, dass es sich bei einem Impfnachweis bzw. dem Impfausweis um Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 DSGVO handelt, die einen besonderen Schutz genießen und deren Verarbeitung besonders hohen Anforderungen unterliegt.
Nach derzeitiger Gesetzeslage ist erscheint eine Verarbeitung derartiger (Arbeitnehmer-)Daten nahezu unmöglich. Ob dies für die in der o.g. Corona- Impfverordnung genannten priorisierten Berufsgruppen gilt, erscheint ebenso zweifelhaft, da sich hieraus auch keine Verpflichtung zu einer Impfung für betroffenen Berufsgruppen gilt.
Fazit
Zusammenfassend erscheint es nach gegenwärtiger Rechtlage schwierig, eine Impflicht für Arbeitnehmer zu etablieren. Die Impfung ist eine ärztliche Behandlung, die zugleich einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers bildet.
Soweit ein Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag vorsieht, dass der Arbeitnehmer einer Impfpflicht unterliegt, drängt sich die Frage auf, ob solch eine Bestimmung mit unserer Verfassung, insb. Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, vereinbar ist. Eine „Zwangsimpfung“, d.h. die Impfung unter Anwendung körperlicher Gewalt, ist ausgeschlossen. Nichtsdestotrotz kann in Einzelfällen die Möglichkeit bestehen, dass ein Arbeitgeber den Bestand des Arbeitsverhältnisses von der Impfung abhängig macht und im Falle, dass der Arbeitnehmer sich nicht impfen lässt, eine Kündigung ausspricht. Solch ein Vorgehen bedarf einer umfassenden Interessensabwägung, in der einerseits das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers, andererseits die (unternehmerischen) Interessen des Arbeitgebers berücksichtigt werden müssen. Tendenziell dürfte das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers überwiegen.
Daraus folgt, dass auch solche Arbeitnehmer, die eine Impfung ablehnen, gegenwärtig nicht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.
Ein Update zu Corona und Arbeitsrecht
In unseren beiden Artikeln vom 17.03.2020 (abrufbar unter https://kolb-blickhan-partner.de/corona-virus-und-arbeitsrecht/ und https://kolb-blickhan-partner.de/corona-virus-kuendigung/) gingen wir auf arbeitsrechtliche Fragestellungen ein, die mit der Corona-Pandemie im Zusammenhang stehen.
Nachdem nunmehr ein Dreivierteljahr vergangen ist, möchten wir Sie über die Entwicklung in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung der vergangenen Monate informieren.
Obwohl sich die derzeitige Corona-Pandemie auf viele arbeitsvertragliche Beziehungen niederschlägt, blieb eine Vielzahl an arbeitsrechtlichen Fragestellungen, wie z.B. die Einführung von Kurzarbeit oder Home-Office, die Möglichkeit „corona–bedingt“ zu kündigen usw., von den Arbeitsgerichten unbeantwortet.
Selbst wenn einzelne Arbeitsgerichte über bestimmte Fragestellungen urteilten; die Schaffung einer Rechtsklarheit und gefestigten Rechtsprechung ist nicht in Sicht. Nichtsdestotrotz gehen wir auf einige gerichtliche Entscheidungen ein, um Sie über die derzeitige Entwicklung zu informieren:
1. Einseitige Einführung von Kurzarbeit weiterhin ein großer Streitpunkt
In unserem Artikel über Corona und Kündigung führten wir aus, dass die einseitige Einführung von Kurzarbeit vermutlich nicht zulässig ist; soweit ein Arbeitsvertrag keine entsprechende „Kurzarbeiterklausel“ enthält, dürfte es auf individualarbeitsvertraglicher Ebene auf den Abschluss einer Änderungs- oder Ergänzungsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ankommen. Bei dieser Fragestellung scheinen sich die Geister zu scheiden.
1.1 Ansicht des Arbeitsgerichts Siegburg
Mit Urteil vom 11.11.2020 bestätigte das Arbeitsgericht Siegburg (Az.: 4 Ca 1240/20) diese Auffassung. Der klagende Arbeitnehmer war bei einem Unternehmen als Omnibusfahrer eingestellt. Der ursprünglich abgeschlossene Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung über die Einführung von Kurzarbeit; eine gesonderte Vereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit schlossen die Parteien nicht ab.
Im Frühjahr 2020 teilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit, dass er Kurzarbeit einführen müsse, wovon auch der Arbeitnehmer betroffen sei. In den darauffolgenden Monaten kürzte der Arbeitgeber einseitig einen Teil des arbeitsvertraglich vereinbarten Gehaltes und bezeichnete die gekürzten Zahlungen in diesen Monaten als Kurzarbeitergeld. Der Arbeitnehmer klagte wiederum die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung ein.
Das Arbeitsgericht Siegburg sprach dem Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung (abzüglich der bereits erhaltenen Zahlungen, die der Arbeitgeber als „Kurzarbeitergeld“ bezeichnete) zu. Es führte aus, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit nur dann anordnen darf, wenn diese Möglichkeit individualvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder tarifvertraglich zulässig ist. Soweit solch eine individualarbeitsvertragliche oder kollektiv-rechtliche (d.h. durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) Grundlage fehlt, besteht nicht die arbeitgeberseitige Möglichkeit, Kurzarbeit anzuordnen; zugleich behält ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber den vollen Lohnanspruch.
1.2 Ansicht des Arbeitsgerichts Stuttgart
Kurz zuvor entschied das Arbeitsgericht Stuttgart jedoch, dass ein Arbeitgeber faktisch einseitig mit dem Ausspruch einer fristlosen, betriebsbedingten Änderungskündigung Kurzarbeit einführen darf. In dem vorliegenden Fall beantragte der Arbeitgeber bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld; die Agentur für Arbeit sah die Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III als erfüllt an, weshalb sie (befristet) Kurzarbeitergeld gewährte.
Eine Arbeitnehmerin, deren ursprünglicher Arbeitsvertrag die Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit nicht vorsah, stimmte einem arbeitgeberseitigen Angebot bzw. einer Ergänzungsvereinbarung zu dem ursprünglichen Arbeitsvertrag, welche die Einführung von Kurzarbeit vorsah, nicht zu.
Hierauf sprach der Arbeitgeber eine fristlose, betriebsbedingte Änderungskündigung aus; er kündigte den ursprünglichen Arbeitsvertrag und bot der Arbeitnehmerin einen „neuen“ Arbeitsvertrag an, der – nebst der ursprünglich vereinbarten Arbeitsbedingungen – die Einführung von Kurzarbeit vorsah. Das Arbeitsgericht Stuttgart erklärte die Änderungskündigung für sozial gerechtfertigt und mithin für rechtswirksam.
Gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ist eine betriebsbedingte Kündigung (im Wesentlichen) dann gerechtfertigt, soweit dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen und die (Änderungs-)Kündigung verhältnismäßig ist. Da es sich zeitgleich um eine außerordentliche, d.h. fristlose Kündigung handelte, müssten zudem gemäß § 626 Abs. 1 BGB diese dringenden betrieblichen Erfordernisse so gewichtig sein, dass ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag zu unveränderten Bedingungen, d.h. vorliegend ohne die Möglichkeit Kurzarbeit anzuordnen, für den Arbeitgeber schlichtweg unzumutbar ist.
Das Arbeitsgericht Stuttgart entschied jedoch, dass an den wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB keine hohen Anforderungen zu setzen sind; es konstatierte, dass die Gewährung des Kurzarbeitergeldes durch die Agentur für Arbeit qua Gesetz einen erheblichen Arbeitsausfall im Sinne von § 96 SGB III voraussetze. Diese gesetzliche Wertung würde wiederum die dringenden betrieblichen Erfordernisse begründen, die eine (sogar fristlose) betriebsbedingte Änderungskündigung rechtfertigen würden.
Letztendlich sei dieses Vorgehen auch verhältnismäßig, so das Arbeitsgericht Stuttgart. Es entschied, dass eine Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit dann verhältnismäßig ist, wenn (1) der Arbeitgeber eine gewisse Ankündigungsfrist einhält, wobei eine dreiwöchige Frist als angemessen erscheint, (2) für den betroffenen Arbeitnehmer die Voraussetzungen des Kurzarbeitergeldes nach §§ 95, 96 SGB III vorliegen, (3) die Einführungsmöglichkeit von Kurzarbeit zeitlich begrenzt ist und (4) alle anderen milderen Mittel – insbesondere ein arbeitgeberseitiger Versuch, Kurzarbeit durch einvernehmliche Regelung einzuführen – ausgeschöpft sind.
Beide Entscheidungen widersprechen sich; während das Arbeitsgericht Siegburg die Einführung von Kurzarbeit von einer vertraglichen Abrede zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer abhängig machte, führte das Arbeitsgericht Stuttgart aus, dass auch eine einseitige Einführung möglich ist.
1.3 Fazit
Die Urteile sind eine bildhafte Bestätigung des geläufigen Sprichwortes „Zwei Juristen, drei Meinungen!“ und verdeutlichen, dass die rechtliche Thematik über die Einführung von Kurzarbeit mitnichten abschließend entschieden ist.
2. Home-Office – Ja oder nein?
Die Tätigkeit im Home-Office ist eine – sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer – willkommene Möglichkeit, die arbeitsvertragliche Beziehung trotz der corona-bedingten Einschränkungen nahezu unverändert fortzusetzen und zeitgleich die Gefahr einer weiteren exponentiellen Verbreitung des Virus oder der eigenen Ansteckung zu minimieren.
Für Arbeitnehmer mit Kindern eröffnet die Tätigkeit im Home-Office die Möglichkeit ihre Kinder – insb. im Falle einer Schließung der Schule oder Kindertagesstätte – zu betreuen; Arbeitgeber hingegen können oftmals Betriebskosten sparen. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine sog. Win-Win Situation; doch auch hier muss darauf geachtet werden, ob und falls ja, unter welchen Voraussetzungen, arbeitgeberseitig Home-Office angeordnet werden darf.
Der größte Teil der bestehenden Arbeitsverträge dürfte keine Regelung zu Home-Office haben; die Tätigkeit im Home-Office ist tatsächlich ein recht junges Institut, welches in den vergangenen Jahren im Zuge der Digitalisierung des Arbeitsrechts (sog. Arbeitsrecht 4.0) entstanden ist und bis vor ca. einem Jahr nicht weit verbreitet war.
Im Rahmen der corona-bedingten Einschränkungen und Lockdowns ergab sich für viele Betriebe die zwingende Notwendigkeit kurzfristig Home-Office anzuordnen, weil Arbeitnehmer einerseits die Betriebsstätte nicht aufsuchen durften, andererseits bestimmte Tätigkeiten verrichtet werden mussten, da andernfalls der Stillstand und u.U. auch die (vorübergehende) Einstellung des Betriebes drohte. Jedoch stellt sich (weiterhin) die Frage: Wie kann Home-Office eingeführt werden?
Arbeitsvertragliche (Versetzungs-)Klauseln, deren Wirksamkeit oftmals an dem Verbraucherrecht nach §§ 305 ff. BGB scheitert, außenvorlassend, sieht § 106 GewO vor, dass der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen kann. Die Frage, ob unter „(Arbeits-)Ort“ auch das Zuhause des Arbeitnehmers erfasst werden kann, beantwortete die Arbeitsgerichtsbarkeit grundsätzlich mit einem „Nein“.
So entschied u.a. das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 10.10.2018 (Az.: 17 Sa 562/18), dass die einseitige Weisung des Arbeitgebers einen Mitarbeiter ins Home-Office zu „schicken“ nicht von dem Direktionsrecht des § 106 GewO erfasst ist; soweit keine beidseitig vereinbarte Abrede über die Einführung von Home-Office besteht, kann die einseitige Anordnung durch den Arbeitgeber einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 13 GG (Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung) des Arbeitnehmers bilden.
Diese Entscheidung stammte aus dem Jahr 2018 und lässt die weitreichenden Auswirkungen und Folgen der Corona-Pandemie und den hiermit verbundenen Einschränkungen unberücksichtigt; unter Berücksichtigung der derzeitigen Situation könnte gegebenenfalls die einseitige Anordnung (zumindest ausnahmsweise) gerechtfertigt sein; nichtsdestotrotz ist aus Gründen der Rechtssicherheit der Abschluss einer Vereinbarung dringend anzuraten.
3. Home-Office – Wie?
Selbst wenn die Möglichkeit der Einführung von Home-Office bestehen sollte, muss der Arbeitgeber stets darauf achten, dass er die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit im Home-Office schafft, weshalb der Abschluss einer individualarbeitsvertraglichen oder im Falle, dass ein Betriebsrat besteht, einer kollektiven Vereinbarung zwingend geboten ist.
Bei der Einführung bzw. Umsetzung von Home-Office dürfen Aspekte wie der Datenschutz, Arbeitszeiterfassung, Bereitstellung von Arbeitsmitteln, Regelungen zu den Kosten, Zutrittsrecht des Arbeitgebers usw., nicht vernachlässigt werden. Infolge des Umstandes, dass für die Tätigkeit im Home-Office keine gesetzliche Regelung besteht, zugleich die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitsrechts unverändert fortgelten, sind die Arbeitsvertragsparteien, und insb. der Arbeitgeber, angehalten, die Verhaltensregeln für die Tätigkeit im Home-Office zu definieren.
Sollten Sie – sowohl als Arbeitgeber als auch als Arbeitnehmer – von den arbeitsrechtlichen Folgen des Corona-Virus betroffen sein, können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Wir können Sie – unter Berücksichtigung der individuellen Umstände und der Natur des Arbeitsverhältnisses – beraten und insbesondere eine einvernehmliche Lösung mit Ihrem Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber anstreben.
Verbot von WhatsApp und Co
– Urteil LG München I v. 05.12.2019 – 7 O 5314/18
Das Münchner Landgericht sprach zuletzt in einem Urteil ein deutschlandweites Verbot für den Betrieb der vom Facebook Konzern angebotenen Dienste Instagram, Facebook und Facebook Messenger sowie WhatsApp aus. Grund dafür ist die Verwendung mehrerer Softwarebestandteile, die vom klagenden Kommunikationsunternehmen Blackberry patentiert sind. Dem Urteil zu Folge dürfen Facebook und die dazugehörigen Dienste in Ihrer jetzigen Form innerhalb der BRD nicht mehr angeboten werden.
Nach dem Urteil bleibt dem Konzern die Möglichkeit entweder eine Anpassung durch entsprechende Softwareupdates vorzunehmen oder den Betrieb der besagten Dienste innerhalb Deutschland einzustellen. Zwar soll zwischenzeitlich die Gültigkeit der besagten Patente beim Bundespatentgericht angefochten worden sein, die Entscheidung steht allerdings noch aus. Facebook behält sich vor in Berufung zu gehen, um die Entscheidung überprüfen zu lassen. Abgesehen davon, hänge die Vollstreckung des Urteils noch von einer durch die Klägerseite zu entrichtenden Sicherheitsleistung ab, sodass für den Nutzer bisher keine Konsequenzen eingetreten sind.
Unabhängig vom Ausgang der Patentstreitigkeit ist es für Unternehmen auch aus datenschutzrechtlichen Gründen sinnvoll, die betriebliche Nutzung vom Messenger-Dienst WhatsApp im Hinblick auf den Datenschutz gezielter zu hinterfragen und sich über Alternativen Gedanken zu machen.
Fest steht, dass die Verwendung der nutzerfreundlichen Kommunikationsplattform WhatsApp, auf die auch Unternehmen gerne zur vereinfachten und schnellen betrieblichen Kommunikation zugreifen, aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden sein wird. WhatsApp wird vor allem dafür kritisiert, personenbezogene Daten aus dem Adressbuch seiner Nutzer zu verwenden, um sie unteranderem mit denen der eigenen Server abzugleichen oder diese an Dritte weiterzuleiten. Oftmals haben die Empfänger ihren Sitz außerhalb der EU und somit auch außerhalb des Geltungsbereichs der DSGVO.
Im Hinblick auf das Urteil des LG München, sowie die ohnehin fortschreitende Sensibilisierung der Nutzer für Datenschutz stellt sich die Frage, auf welche Alternativen Unternehmen zukünftig zurückgreifen können, wenn die Dienste tatsächlich eingestellt werden oder für datenschutzrechtlich unzulässig erklärt werden.
Eine mit der DSGVO und dem BDSG im Einklang stehende Alternative stellt beispielsweise der 2012 ins Leben gerufene Messengerdienst „Threema“ dar, dessen Fokus abgesehen von der schnellen und nutzerfreundlichen Kommunikation auf Sicherheit und Schutz der Privatsphäre liegt. Die zugehörige App bietet insbesondere auf Unternehmen zugeschnittene Features sowie Sicherheitsstandards an, die unteranderem ohne Zugriff auf die Kontaktdaten auskommt und günstig für die gängigsten Betriebssysteme erworben werden kann.
Corona-Virus – Droht eine neue Kündigungswelle?
Der Corona-Virus und die damit insb. für Unternehmer verbundene, teils verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen können den Fortbestand von Arbeitsverhältnissen und deren Abwicklung nachhaltig beeinträchtigen. Sowohl für Arbeitgeber, als auch für Arbeitnehmer stellt sich u.a. die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine „coronabedingte“ Kündigung möglich ist.
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Der Begriff „coronabedingte“ Kündigung hat keine rechtliche Bedeutung
- Ob ein Arbeitgeber den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung auf die Erkrankung eines Mitarbeiters an dem Corona-Virus stützen kann, ist unwahrscheinlich.
- Der wohl wichtigste Kündigungsgrund dürfte im Fall Corona Virus die betriebsbedingte Kündigung darstellen.
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Vorweg gilt es festzuhalten, dass der Begriff „coronabedingte“ Kündigung keine rechtliche Bedeutung hat. Insbesondere und soweit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, gelten die gesetzlichen Bestimmungen unverändert fort. Gemäß § 1 Abs. 1 und 2 KSchG muss eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, solange ein Kündigungsgrund vorliegt. Entsprechend des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ist eine Kündigung u.a. gerechtfertigt […], wenn Gründe gegeben sind, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder dringende betriebliche Erfordernisse dies erfordern.
Dementsprechend erfordert der Ausspruch einer Kündigung einen (a) personenbedingten, (b) verhaltensbedingten oder (c) betriebsbedingten Kündigungsgrund.
1. Die personenbedingte Kündigung
Eine arbeitgeberseitige Kündigung kann zunächst auf einen Grund, der in der Person des Arbeitnehmers liegt, gestützt werden. Der wohl häufigste – und auch im Hinblick auf den Corona-Virus naheliegende – Unterfall der personenbedingten Kündigung, ist der Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung.
Ob ein Arbeitgeber den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung auf die Erkrankung eines Mitarbeiters an dem Corona-Virus stützen kann, ist unwahrscheinlich.
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist dreistufig aufgebaut und setzt die nachfolgende Voraussetzungen:
- Negative Gesundheitsprognose des erkrankten Mitarbeiters,
- Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen,
- Verhältnismäßigkeit der Kündigung.
Vorliegend dürfte eine krankheitsbedingte Kündigung bereits an der ersten Stufe, der negativen Gesundheitsprognose aufgrund einer coronabedingten Erkrankung eines Mitarbeiters scheitern.
Im Falle eines gerichtlichen Verfahrens muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen können, dass der erkrankte Mitarbeiter infolge seiner Erkrankung längerfristig ausfallen wird. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hat über die Jahre hinweg eine Beweiserleichterung für die Arbeitgeber geschaffen, da diese u.a. aus datenschutzrechtlichen Gründen, keine bzw. allenfalls unter sehr hohen Voraussetzungen Gesundheitsdaten über ihre Mitarbeiter verarbeiten dürfen. Die bloße Erkrankung an dem Corona-Virus genügt in der Regel nicht um einen permanenten Ausfall des erkrankten Mitarbeiters zu vermuten, weshalb eine krankheitsbedingte Kündigung voraussichtlich unwirksam wäre.
Des Weitere dürften auch die weiteren Voraussetzungen nicht erfüllt sein:
Sollte ein Mitarbeiter infolge des Corona-Virus arbeitsunfähig erkrankt sein, so geht dies mit der (behördlichen) Anordnung einer Quarantäne gemäß § 30 IfSG oder eines Beschäftigungsverbotes gemäß § 31 IfSG einher. In diesem Fall steht dem Arbeitnehmer gemäß § 56 IfSG ein Entschädigungsanspruch gegen die Behörde zu. Der Arbeitgeber ist zunächst vorleistungspflichtig, kann jedoch anschließend eine Erstattung des gezahlten Gehaltes von der Behörde fordern, sodass er weitgehend schadlos bleibt. Daher dürfte es an einer Beeinträchtigung des Unternehmens mangeln. Letztendlich dürfte der Ausspruch der Kündigung auch unverhältnismäßig sein, da der Arbeitgeber verpflichtet ist mildere Maßnahmen als den Ausspruch einer Kündigung einzuleiten; insoweit gilt auch hier, dass der Ausspruch einer Kündigung die Ultima Ratio ist.
Sowohl als Arbeitgeber und als Arbeitnehmer sollten Sie berücksichtigen, dass vor dem Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX durchgeführt werden muss. Der Arbeitgeber ist zur Durchführung verpflichtet; dem Arbeitnehmer steht zugleich auch ein Rechtsanspruch auf die Durchführung des bEM zu.
Sollte ein bEM durchgeführt werden, ist es wichtig, die datenschutzrechtlichen Aspekte zu berücksichtigen. Im Rahmen eines bEM werden sensible Gesundheitsdaten (Art. 9 Abs. 1 DS-GVO i.V.m. § 26 Abs. 3 BDSG) des Mitarbeiters verarbeitet. Dies darf u.a. nur auf Grundlage einer wirksam erteilten Einwilligung des Mitarbeiters erfolgen. Es gilt zu beachten, dass der Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung u.a. auch von der (datenschutzrechtlich) wirksamen Durchführung eines bEM abhängig sein kann.
2. Die verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt ein Fehlverhalten bzw. einen Pflichtverstoß des Arbeitnehmers voraus.
Im Hinblick auf den Corona-Virus stellt sich insb. die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer die Erbringung seiner Arbeitsleistung gemäß § 275 Abs. 3 BGB verweigern darf. Gemäß § 275 Abs. 3 BGB kann ein Arbeitnehmer die Erbringung seiner Arbeitsleistung verweigern, soweit ihm dies unzumutbar wäre. Hiernach gilt es zu differenzieren:
Sollten in dem Betrieb eines Arbeitgebers tatsächliche Anhaltpunkte einer erhöhten Infektionsgefahr bestehen, so wird es dem Arbeitnehmer in der Regel nicht zuzumuten sein, die Betriebsstätte aufzusuchen. Diesbezüglich gilt es auch zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber gemäß §§ 618, 241 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, hinreichende Schutzmaßnahmen zu treffen, um das Risiko einer gesundheitlichen Schädigung seiner Mitarbeiter zu minimieren. Insoweit besteht die Verpflichtung, soweit dies möglich ist, entweder Home-Office für die Mitarbeiter zu ermöglichen, oder erforderlichenfalls Teile der Belegschaft freizustellen.
Sollte jedoch lediglich die abstrakte Befürchtung bestehen, man könnte sich auf dem Weg zur Arbeit oder bei der Arbeit anstecken, besteht kein Zurückbehaltungsrecht. Diese abstrakte Befürchtung ist einerseits vom allgemeinen Lebensrisiko, andererseits vom Wegerisiko erfasst, welches der Arbeitnehmer trägt. Erscheint ein Arbeitnehmer aufgrund einer abstrakten Befürchtung nicht zur Arbeit kann der Ausspruch einer Abmahnung und im Falle der wiederholten Pflichtverletzung der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung gerechtfertigt sein. Hinsichtlich des Wegerisikos und unter Berücksichtigung, dass der öffentliche Bus- und Bahnverkehr partiell stillgelegt wurde, gilt es, wie bereits dargelegt, zu berücksichtigten, dass der Arbeitnehmer das alleinige Risiko trägt pünktlich zu erscheinen.
Vor dem Ausspruch einer Kündigung wäre es im beidseitigen Interesse eine einvernehmliche Lösung (bspw. flexible Arbeitszeit, Home-Office, Abgeltung von Überstunden usw.) zu finden. Maßgebend ist hierfür oftmals die Natur des Arbeitsverhältnisses.
3. Die betriebsbedingte Kündigung
Der wohl wichtigste Kündigungsgrund dürfte im Fall Corona Virus die betriebsbedingte Kündigung darstellen. Infolge der Infektionsgefahr kam es sowohl zur Beeinträchtigung der Lieferketten, Rückgang von Kundenaufträgen und Anfragen, als auch zu Beeinträchtigungen durch behördliche Anordnungen, die die vorübergehende Schließung bestimmter Betriebsstätten vorsahen.
Zweifelsfrei ist dies eine enorme Belastung für Unternehmer, die das wirtschaftliche Risiko der Verwertung der Arbeitsleistung ihrer Arbeitnehmer tragen; einerseits kann kein bzw. deutlich geringerer Umsatz generiert werden, andererseits ist der Arbeitgeber – auch wenn er die Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter nicht verwerten kann – gemäß § 615 S. 3 BGB zur Fortzahlung der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Um diese Belastung (u.a. in Form der Gehaltszahlungen) zu minimieren, besteht oftmals die Erwägung, Teile der Belegschaft betriebsbedingt zu kündigen. Ob diese Kündigung wiederum gerechtfertigt wäre, ist umstritten.
Eine betriebsbedingte Kündigung setzt u.a. (die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG außenvorlassend) das Folgende voraus:
- Dringende betriebliche Erfordernisse,
- Verhältnismäßigkeit der Kündigung.
Vorliegend könnten der coronabedingte Auftragsrückgang, die Störung von Lieferketten usw. grundsätzlich betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG darstellen. Diese müssten wiederum dazu führen, dass ein bzw. mehrere Arbeitsplätze (bspw. infolge einer endgültigen Betriebsschließung) permanent wegfallen. Dies mag derzeit rein prognostisch und u.U. spekulativ sein, jedoch ist zur Zeit davon auszugehen, dass kurz- bzw. mittelfristig die Infektionsgefahr und die damit verbundenen Folgen für Unternehmen sukzessiv überwunden werden. Insoweit ist davon auszugehen, dass solvente Unternehmen die derzeitige Beeinträchtigungen überwinden werden können.
Letztendlich stellt sich auch hier die Frage, ob der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung gerechtfertigt (verhältnismäßig) wäre. Wie bereits zuvor dargelegt, gilt im Falle des Ausspruches einer Kündigung (jedweder Art) der Ultima Ratio Grundsatz, d.h. die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist das letzte Mittel, auf das ein Arbeitgeber zurückgreifen darf.
Im Hinblick auf die Zusicherungen der Bundesregierung, Maßnahmen zu treffen um die Unternehmer zu entlasten (z.B. in Form von Darlehen, Stundungen von Steuern oder Reformierung des Kurzarbeitergeldes) ist anzunehmen, dass die Folgen der Infektionsgefahr abgefedert werden können.
Exkurs zum Kurzarbeitergeld:
Die Bundesagentur für Arbeit hat darauf hingewiesen, dass ein aufgrund oder infolge des Corona-Virus und / oder der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen eingetretener Arbeitsausfall im Regelfall auf einem „unabwendbaren Ereignis“ oder auf „wirtschaftlichen Gründen“ im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III beruht und daher Kurzarbeitergeld bei vorübergehendem Arbeitsausfall zu gewähren ist. Die Gewährung erfolgt nur auf Antrag des Arbeitgebers hin.
Arbeitsrechtlich setzt die Kurzarbeit voraus, dass entweder eine entsprechende Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag enthalten ist, Kurzarbeit durch Tarifvertrag ermöglicht wird oder über Kurzarbeit eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG abgeschlossen wird. Soweit ein Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist oder in seinem Betrieb kein Betriebsrat besteht, hat er die Möglichkeit individualarbeitsvertraglich (d.h. in Form einer Ergänzungs- oder Änderungsvereinbarung) die (vorübergehende) Einführung von Kurzarbeit einzuführen; dies setzt jedoch ein beidseitiges Einvernehmen der Arbeitsvertragsparteien voraus. Widerspricht der Arbeitnehmer der Unterzeichnung solch einer Vereinbarung kommt ggf. der Ausspruch einer Änderungskündigung in Betracht.
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Weitere arbeitsrechtliche Fragen im Spannungsfeld Corona
In unserem Artikel „Corona und Arbeitsrecht“ behandeln wir übrigens weitere wichtige Fragen, die aktuell im Arbeitsrecht auftreten. Hier gehts zum Artikel.
Beratung in Zeiten von Corona
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Corona-Virus und dessen Auswirkungen auf das Arbeitsrecht
– Eine Übersicht der wichtigsten Fragen –
1. Corona Virus – Wann darf/muss ich zu Hause bleiben?
Die bloße Befürchtung, sich bei Verlassen der Wohnung möglicherweise mit dem Corona-Virus anzustecken, genügt nicht, damit Sie der Arbeit fern bleiben dürfen. Denn eine nur potenzielle Ansteckungsgefahr gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, die Sie tragen müssen.
Soweit Ihr Arbeitsvertrag vorsieht, dass Sie von Zuhause arbeiten dürfen (Home-Office) ist dies kein Problem. Sollte Ihr Arbeitsvertrag wiederum keine entsprechende Home-Office- Vereinbarung vorsehen, ist eine Zusatzvereinbarung mit dem Arbeitgeber möglich. Keinesfalls dürfen Sie jedoch selbst die Entscheidung treffen, wenn sich dies nicht unzweifelhaft aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Im Zweifel sollte eine Klärung mit dem Arbeitgeber erfolgen.
Ob Ihr Arbeitgeber ohne entsprechende, vertragliche Vereinbarung von Ihnen verlangen darf, im Home Office (im Wege des sog. Direktionsrechts) zu arbeiten, ist umstritten. Jedenfalls ist er dann verpflichtet die entsprechenden Arbeitsmittel (wie z.B. Dienstlaptop, Fernzugriff auf die IT-Infrastruktur des Unternehmens, usw.) bereitzustellen, damit Sie Ihre Arbeitsleistung erbringen können; des Weiteren hat Ihr Arbeitgeber die entsprechenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen für Home-Office zu wahren.
Bitte beachten Sie:
Soweit Sie nur wegen der abstrakten Befürchtung, Sie könnten sich (unterwegs) infizieren, nicht zu Ihrer Arbeit gehen, verlieren Sie Ihren Vergütungsanspruch. Sie tragen grundsätzlich das sog. Wegerisiko, wodurch Ihr Entgeltzahlungsanspruch gem. § 326 Abs.1 BGB untergeht, soweit Sie entgegen Ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung nicht Ihre Arbeit aufnehmen. Überdies würden Sie auch unentschuldigt fehlen. Ein allgemeines Leistungsverweigerungsrecht gem. §§ 273, 275 Abs. 3 BGB besteht auch bei drohenden Pandemien nicht zwingend. Das Fehlen kann schlimmstenfalls zu einer Abmahnung oder Kündigung führen.
Haben Sie wiederum den berechtigten Verdacht (bspw. aufgrund von Symptomen oder Kontakt zu infizierter Person), sich mit dem Corona-Virus angesteckt zu haben, sieht die Rechtslage schon anders aus. Denn beim Vorliegen eines sogenannten vorübergehenden persönlichen Verhinderungsgrundes (vgl. § 616 S.1 BGB) dürfen Sie der Arbeit fernbleiben und bekommen trotzdem ihr Entgelt ausgezahlt, soweit dies nicht durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde. Dieser Verhinderungsgrund liegt u.a. bei einem medizinisch notwendigen Arztbesuch vor, wenn dieser nur während der Arbeitszeit erfolgen kann. Ist zur medizinischen Abklärung eines Corona-Verdachts das Fernbleiben von der Arbeit nötig, muss der Arbeitgeber unverzüglich über das Fernbleiben von der Arbeit informiert werden. Lassen Sie sich dies dann auch vom Arzt oder einer anderen aufgesuchten Stelle schriftlich bestätigen, dass eine medizinische Indikation für die Untersuchung bestand. Zur Angabe des genauen Grundes des Arztbesuches – also der aufzuklärenden Erkrankung – sind Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht verpflichtet.
Soweit Sie Krankheitssymptome haben und dadurch arbeitsunfähig sind, haben Sie aufgrund Ihrer Arbeitsunfähigkeit das Recht, der Arbeit fernzubleiben. Die Arbeitsunfähigkeit müssen Sie, auch im Falle einer Corona-Infektion, dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen. Unabhängig davon sieht das Gesetz vor, dass spätestens nach dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest – also die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – vorgelegt werden muss. Bitte beachten Sie immer, ob arbeits- oder tarifvertraglich eine kürzere Frist vereinbart worden ist. Soweit Sie erkrankt sind, haben Sie grundsätzlich für die Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gem. § 3 EFZG gegenüber Ihrem Arbeitgeber und anschließend auf Krankengeld von der Krankenkasse.
Sollte mit der Erkrankung aufgrund des Corona-Virus zeitgleich ein (behördliches) Beschäftigungsverbot gem. § 31 IfSG und/oder Quarantäne gem. § 30 IfSG angeordnet werden, steht Ihnen, anstelle des § 3 EFZG, infolge des Tätigkeitsverbotes bzw. Quarantäne gem. § 56 Abs. 1 IfSG ein Entschädigungsanspruch zu. Dabei tritt der Arbeitgeber in Vorleistung und zahlt Ihnen die Entschädigung in Höhe der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütungshöhe aus. Die ausgezahlten Beträge werden vom Arbeitgeber auf Antrag bei der zuständigen Behörde erstattet, vgl. § 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG. Die Erstattung erfolgt aber nur auf Antrag Ihres Arbeitgebers. Ist der Arbeitgeber entgegen der gesetzlichen Pflicht nicht in Vorleistung getreten, können Sie ebenfalls gem. § 56 Abs. 5 S. 3 IfSG diesen Antrag stellen.
2. Mein Arbeitgeber hat mich einseitig freigestellt und/oder den Betrieb (vorübergehend) stillgelegt. Habe ich einen Anspruch auf Vergütung?
Ja, denn grundsätzlich trägt der Arbeitgeber gem. § 613 S. 3 BGB das wirtschaftliche Risiko über das Unternehmen und letztendlich der Verwertung Ihrer Arbeitsleistung.
3. Besteht auch im Falle einer behördlich angeordneten Betriebsschließung mein Vergütungsanspruch?
Wird der Betrieb Ihres Arbeitgebers auf behördlicher Anordnung gem. § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 IfSG geschlossen, kann in extremen Ausnahmenfällen von dem Grundsatz, wonach der Arbeitgeber das unternehmerische Wirtschaftsrisiko trägt, abgewichen werden. Von dem Wirtschaftsrisiko ausgenommen sind extreme Gefahrenlagen wie Kriege, Unruhen und Terroranschläge. Es ist umstritten, ob auch Epidemien hiervon erfasst sind. In solch einer Ausnahmesituation könnte der Vergütungsanspruch gem. § 615 S. 3 BGB ggf. nicht bestehen.
4. Besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn ich lediglich mittelbar wegen Corona meiner Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann?
Diese Konstellation tritt ein, wenn bspw. der Kindergarten aufgrund des Corona-Virus temporär geschlossen wird und Sie die Betreuung Ihres Kindes selbst organisieren müssen, wodurch es Ihnen deshalb unmöglich wäre, Ihre Pflicht zur Arbeitsleistung zu erfüllen.
Ihnen könnte aufgrund einer vorübergehenden Arbeitsverhinderung dennoch ein Lohnanspruch gem. § 616 BGB zustehen und zwar für die Dauer von bis zu fünf Tagen. Bitte beachten Sie jedoch, dass diese Vorschrift abbedungen werden kann; ist im Arbeitsvertrag die Anwendung von § 616 BGB ausgeschlossen, muss Ihr Arbeitgeber eine Entgeltfortzahlung nach dieser Vorschrift nicht leisten. Des Weiteren stünde Ihnen kein Anspruch auf Krankengeld wegen der Pflege bzw. der Erkrankung des Kindes gem. § 44a Abs. 3 SGB XI bzw. gem. § 45 SGB zu, da Ihr Kind weder krank, noch pflegebedürftig ist.
5. Welche Vorsichtsmaßnahmen muss mein Arbeitgeber in Bezug auf Corona einleiten?
Gemäß §§ 618, 241 Abs. 2 BGB treffen Ihren Arbeitgeber arbeitsrechtliche Schutzpflichten, insbesondere die Pflicht zum Schutz der Gesundheit seiner Arbeitnehmer. In diesem Fall hat er u.a. auf die Einhaltung der Hygienestandards einzuwirken. Des Weiteren kommt, wie bereits zuvor dargelegt, die Anordnung von Home-Office oder ggf. eine (entgeltliche) Freistellung in Betracht. Maßgebend für diese Entscheidung ist das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gem. § 106 GewO; eine Anordnung des Arbeitgebers muss dem billigen Ermessen entsprechen und die Interessen seiner Arbeitnehmer adäquat berücksichtigen. Sollten (sachliche) Anhaltspunkte einer konkreten Gefährdung bzw. Ansteckungsgefahr in dem Unternehmen bestehen, kann der Arbeitgeber einzelne Mitarbeiter, zumindest kurzfristig, freistellen. Hat der Arbeitgeber Kenntnis von der Erkrankung, muss er – sowohl im Hinblick auf die Unversehrtheit des Erkrankten, als auch der gesunden Arbeitnehmer – den (erkrankten) Mitarbeiter nach Hause schicken.
Sollten Sie befürchten, dass ein anderer Mitarbeiter infiziert ist (bspw. weil er hustet oder sonstige Anzeichen einer Erkrankung aufweist), kann Ihnen unter engen Voraussetzungen ein Zurückbehaltungsrecht Ihrer Arbeitsleistung gem. § 275 Abs. 3 BGB zustehen. Dies ist der Fall, soweit Ihnen nicht zugemutet werden kann, dass Sie Ihre arbeitsvertragliche Verpflichtungen wahrnehmen. Soweit Umstände vorliegen, die eben die Annahme einer erhöhten Infektionsgefahr durch einen Arbeitskollegen rechtfertigen, kann ggf. ein Zurückbehaltungsrecht begründet sein. Bitte beachten Sie jedoch, dass Sie stets versuchen sollten mit Ihrem Arbeitgeber eine einvernehmliche und insb. beidseitig interessensgerechte Lösung anzustreben um das Risiko einer Abmahnung oder einer Kündigung auszuschließen.
6. Darf mein Arbeitgeber anordnen, dass ich dienstliche Reisen in eines der Gefahrengebiete antreten muss?
Auch hier bedarf es einer umfassenden Abwägung der beidseitigen (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-)Interessen, da eine Anweisung nach billigem Ermessen gem. § 106 GewO erfolgen darf. Im Wesentlichen gelten hier die Ausführungen unter Punkt 1.
Soweit die sachlich gerechtfertigte Annahme einer hohen Infektionsgefahr besteht, können Sie der Anweisung Ihres Arbeitgebers widersprechen; in diesem Fall hat Ihre körperliche Unversehrtheit absoluten Vorrang. Daher stünde Ihnen ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 275 Abs. 3 BGB zu. Bitte beachten Sie, dass nicht jede abstrakte Gefahr ein Zurückbehaltungsrecht rechtfertigt. Soweit die vermeintliche Gefahr nicht über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht, ist die Verweigerung der Arbeitsleistung nicht begründet.
7. Was muss ich meinem Arbeitgeber mitteilen; was darf mein Arbeitgeber mich fragen?
Die Frage, ob Sie verpflichtet sind Ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, ob bzw. woran Sie erkrankt sind, richtet sich nach dem § 26 Abs. 1 S. 1 und 3 BDSG i.V.m. Art. 9 DS-GVO.
Hiernach darf Ihr Arbeitgeber Ihre personenbezogenen Daten (mithin auch Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO) verarbeiten, wenn dies zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist.
Entsprechend des § 5 EFZG sind Sie verpflichtet Ihrem Arbeitgeber (unverzüglich) mitzuteilen, dass Sie erkrankt sind. Woran Sie jedoch erkrankt sind müssen Sie ihm nicht mitteilen. Ihrem Arbeitgeber steht auch kein entsprechendes Fragerecht zu. Waren Sie in letzter Zeit in einem besonders gefährdeten Gebiet (bspw. zwecks Urlaub) bzw. einem Gebiet, für das das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung wegen der Infektionsgefahr herausgegeben hat, und ist zu befürchten, dass Sie sich infiziert haben könnten, bleibt es Ihnen überlassen, Ihrem Arbeitgeber dies (freiwillig) mitzuteilen. Daraufhin kann Sie Ihr Arbeitgeber erforderlichenfalls vorübergehend – unter Fortzahlung Ihres Gehaltes – freistellen oder anderweitige Maßnahmen treffen, um weitere Mitarbeiter zu beschützen.
Bei Bedarf können Sie uns gerne kontaktieren, damit wir Sie bei der Einführung oder Umsetzung arbeitsrechtlicher Maßnahmen oder Fragenstellungen individuell beraten können.
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