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Betriebsbedingte Kündigung

 
 
 
 









Das Wichtigste auf einen Blick: 

  • Bei der betriebsbedingten Kündigung liegt der Kündigungsgrund in dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einen Personalabbau notwendig machen
  • Bevor eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann, muss der Arbeitgeber alle Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung prüfen
  • Gegen eine betriebsbedingte Kündigung ist die Kündigungschutzklage möglich. Dabei ist jedoch unbedingt die 3-Wochen-Frist zu beachten




Hinweis: Die nachfolgende Bezeichnung „Mitarbeiter“ beinhaltet alle Geschlechter (m/w/d) und dient der besseren Lesbarkeit.

Rolle der betriebsbedingten Kündigung in der Praxis

Etwa 73% der in der Praxis erfolgenden Kündigungen sind solche aus betrieblichen Gründen. Umso wichtiger erscheint es, genauer zu verstehen welche Anforderungen an die Zulässigkeit einer betriebsbedingten Kündigung gestellt werden und welche Möglichkeiten sich hieraus ergeben.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Die betriebsbedingte Kündigung ist in § 1 II KSchG normiert. Hiernach kann betriebsbedingt gekündigt werden, wenn dringende betriebliche Erfordernisse den Abbau von Personal notwendig machen. Die dringenden betrieblichen Erfordernisse müssen also gerade zu einem Wegfall des betreffenden Arbeitsplatzes führen.

Betriebsbedingte Kündigungsgründe lassen sich in zwei Bereiche einteilen: Innerbetriebliche Kündigungsgründe und außerbetriebliche Kündigungsgründe. 

Innerbetriebliche Kündigungsgründe sind beispielsweise:

  • Umstrukturierungen
  • Betriebseinstellungen/Betriebsaufgabe
  • Rationalisierungsmaßnahmen 
  • Outsourcing
  • Einschränkungen des Betriebs

Außerbetriebliche Kündigungsgründe sind beispielsweise:

  • Mangel an Aufträgen
  • Umsatzrückgänge/Absatzschwierigkeiten

Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung zulässig?

Anknüpfungspunkt bei betriebsbedingten Kündigungen ist zunächst die sogenannte unternehmerische Entscheidung. Hierbei handelt es sich um eine Organisationsentscheidung, die zum Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsstellen führt. Die unternehmerische Entscheidung ist nach dem Grundsatz der freien Unternehmentscheidung nur begrenzt überprüfbar: Den Unternehmen muss grundsätzlich eine wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit eingeräumt werden. 

Die Überprüfung dieser unternehmerischen Entscheidung, die zu einer betriebsbedingten Kündigung führt, wird an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. 

Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung

Nach der Rechtsprechung des Arbeitsgerichtshof müssen für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung vier Bedingungen erfüllt sein. Diese werden nachfolgend genauer dargestellt.

1 Dringliche betriebliche Erfordernisse

Zunächst müssen dringliche betriebliche Erfordernisse vorliegen. Diese betrieblichen Gründe müssen zu einem Wegfall an Arbeitsplätzen führen, wobei der Arbeitgeber genau darlegen muss, weshalb die unternehmerische Entscheidung oder Entwicklung im konkreten Fall zum Wegfall der Arbeitsplätze führt. 

2 Fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Weiterhin darf es keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit geben. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen vergleichbaren Arbeitsplatz im Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann. Vergleichbar ist der Arbeitsplatz dabei dann, wenn der Mitarbeiter nach seinen individuellen Qualifikationen zu den für diesen Arbeitsplatz notwendigen Aufgaben fähig ist. 

Das heißt, dass der Arbeitgeber im konkreten Fall prüfen muss, ob freie Stellen im Unternehmen verfügbar sind. Frei sind die Stellen, die zum Zeitpunkt der Kündigung unbesetzt sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei werden. 

Daneben kann die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach § 1 II S. 3 KSchG auch dann angenommen werden, wenn keine freien Stellen vorliegen, aber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.“  

3 Fehlerfreie Sozialauswahl/ Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung

Zuletzt muss eine fehlerfreie Sozialauswahl vorgenommen worden sein. Diese kommt dann zur Geltung, wenn der Arbeitgeber nur einige Arbeitnehmer entlassen hat (und nicht etwa den ganzen Betrieb). Die Sozialauswahl stellt dann gewisse objektive Kriterien auf, wonach sich die Auswahl der zu kündigenden Person richtet. Dies hat den Hintergrund, dass der einzelne Arbeitnehmer bei der betriebsbedingten Kündigung „nichts für die Kündigung kann“ und dahingehend eine besondere Härte bedeutet. Aufgrund dessen soll die Auswahl der zu kündigen Mitarbeiter diejenigen treffen, für die die Kündigung die geringste Härte bedeutet. So trifft die Kündigung einen seit 20 Jahren im Betrieb zugehörigen Familienvater beispielsweise härter als einen vor kurzer Zeit eingestellten 25-jährigen Berufseinsteiger. Nur die Arbeitnehmer dürfen gekündigt werden, die sozial am wenigsten schutzbedürftig sind. 

Die hierbei zu berücksichtigenden Kriterien sind nach § 1 III S.1 KSchG:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderteneigenschaft in der Person des Arbeitnehmers

Für die Gewichtung dieser Kriterien gibt es in der Praxis Punktesysteme. Hierbei gibt es nicht ein starres System, vielmehr wurden vom BAG bereits verschiedene (ähnliche) Punktesysteme anerkannt. 

Dieses kann beispielsweise wie folgt aussehen (nach BAG, 06.09.2007 – 2 AZR 387/06)

Alter Arbeitnehmer 1 Punkt/Lebensjahr
Beschäftigung im Betrieb 1 Punkt/Jahr
Unterhaltspflicht Kind 2 Punkte/Kind
Unterhaltspflicht Ehepartner 4 Punkte

Nach diesem System wird dann eine Gesamtpunkteanzahl für die Mitarbeiter errechnet. Die Arbeitnehmer, die am Ende die geringste Punktezahl aufweisen, sind am wenigsten sozial schutzbedürftig. Wird sich aufgrund der Kriterien erkennen lässt, führt dies in der Praxis zumeist dazu, dass jüngere Arbeitnehmer gekündigt werden.

Ausnahme von der Sozialauswahl: Besonderheiten für kleine Betriebe und Arbeitnehmerüberlassung

Einige Besonderheiten bei betriebsbedingten Kündigungen ergeben sich in kleinen Betrieben. Dies rührt daher, weil das Kündigungsschutzgesetz nur auf solche Betriebe Anwendung findet, die mindestens 10 Mitarbeiter beschäftigen. Hierbei gelten folgende Regeln:

  • Teilzeitbeschäftigte mit <20 Stunden pro Woche werden mit dem Wert 0,5 angesetzt
  • Teilzeitbeschäftigte mit <30 Stunden pro Woche werden mit dem Wert 0,75 angesetzt
  • Auszubildende werden nicht mit berücksichtigt

Sofern die Anzahl der Mitarbeiter danach bei nicht mehr als 10 Mitarbeitern liegt, findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung und es gibt keine Sozialauswahl nach den oben behandelten Kriterien. Grundsätzlich kann das Arbeitsverhältnis danach auch von Arbeitgeberseite jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfrist wirksam gekündigt werden. 

Allerdings ergeben sich auch hier gewisse Ausnahmen. Nach der Rechtsprechung des BAG muss danach zumindest ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtsnahme stattfinden. Sofern der Arbeitgeber diese Rücksichtnahme nicht vornimmt, kann die Kündigung auch hier treuwidrig sein. Das ergibt sich dann im Einzelfall aus der Generalklausel des § 242 BGB. 

Besonderer Kündigungsschutz

Weiterhin ist zu beachten, dass für einige soziale Gruppen ein darüber hinaus gehender, besonderer Kündigungsschutz gilt. Diese sind:

  • Auszubildende
  • Schwangere
  • Mütter
  • Eltern in der Elternzeit
  • Betriebsratsmitglieder
  • Schwerbehinderte
  • Interne Datenschutzbeauftragte
  • Gemeinderatsmitglieder

Unwirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung aus anderen Gründen

Neben dem Vorliegen der Voraussetzungen einer korrekten Sozialauswahl kann die betriebsbedingte Kündigung auch an generellen Unwirksamkeitsgründen scheitern. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der im Unternehmen vorhandene Betriebsrat vor Aussprechen der Kündigung nicht angehört wurde oder bei der Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters die zustimmung des Integrationsamts nicht vorher eingeholt wurde.

Pflicht des Arbeitgebers zur Massenentlassungsanzeige

Besonderheiten sind zu beachten, wenn eine sogenannte Massenentlassung vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber betriebsbedingt mehrere Arbeitnehmer kündigt. Dann kann eine Massentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit notwendig sein. Sofern der Arbeitgeber hier Fehler begeht, kann die betriebsbedingte Kündigung ebenfalls unwirksam sein. 

Nach § 17 KSchG ist der Arbeitgeber zu einer Massenentlassungsanzeige verpflichtet, wenn:

  • Bei einer Betriebsgröße von 20 – 60 Mitarbeitern mehr als 5 Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden
  • Bei einer Betriebsgröße von 60 – 500 Mitarbeitern mehr als 25 Arbeitnehmer oder 10% der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden
  • Bei einer Betriebsgröße von mehr als 500 Mitarbeitern mehr als 30 Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt werden

Betriebsbedingte Kündigung Frist/ Möglichkeiten gegen eine betriebsbedingte Kündigung

Als rechtliches Mittel gegen eine personenbedingte Kündigung ist die Kündigungsschutzklage möglich. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass diese innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben ist. Die Einhaltung dieser Frist ist von großer Wichtigkeit. Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses stellt das Gericht dann fest, ob die Kündigung sozialwidrig und damit unwirksam war. 

Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Unter den Voraussetzungen des § 1a I KSchG kann der Arbeitgeber ein Abfindungsangebot mit der Kündigung verbinden.  Dies setzt voraus:

  • In der ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung muss ein Hinweis des Arbeitgebers sein, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt wird und dass der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung in bestimmter Höhe hat.

    Dies ist in der Regel verbunden mit dem Hinweis:

    „Der Arbeitnehmer darf in der vorgenannten 3 Wochenfrist keine Kündigungsschutzklage erheben“


Höhe der Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

In der Regel werden dabei bis  die maximal 0,5 Bruttomonatsverdienste pro Beschäftigungsjahr ausgelobt (siehe § 1a II KSchG).

Aufhebungsvertrag statt betriebsbedingter Kündigung

Häufig bieten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern vor betriebsbedingten Kündigungen einen Aufhebungsvertrag an. Dieser kann sich für den Arbeitnehmer lohnen, wenn dadurch eine erhöhte Abfindung erzielt wird. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass das Unterzeichnen eines Aufhebungsvertrag grundsätzlich zu einer Sperrung des Arbeitslosengelds nach § 159 I Nr. 1 SGB III führen kann. Diese Sperre tritt zwar in der Regel nicht ein, wenn für die Unterzeichnung ein wichtiger Grund vorliegt, wie das in der Situation einer ansonsten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung der Fall ist. Damit sich dies für die Agentur für Arbeit auch ergibt, ist der Grund für die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags zur Vermeidung einer ansonsten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung  jedoch mit in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen. 

Fazit: Verhalten bei betriebsbedingter Kündigung

Im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung gilt es eine Reihe komplizierter Vorschriften zu beachten. Diese werden durch neue Urteile der Arbeitsgerichte häufig modifiziert und ergänzt. Der Überblick über die Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigungen wird damit zusehends schwieriger. Sofern Sie von einer betriebsbedingten Kündigung betroffen sind, empfiehlt es sich dahingehend unbedingt rechtlichen Rat von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen, der mit den aktuellen Entwicklungen vertraut ist und Prozesserfahrung besitzt. 

 
 
 
 
 
 
 

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